verfasst von: Johanna am 7. September 2016
September 2016

Es summt und brummt, die Luft steht und wirbelt vor Insekten

Ich sitze bei rund 30 Grad in unserem angenehm kühlen Büro.
Die Störche sind nun ausgeflogen und haben ein Geschenk da gelassen. Mein Bauch wächst, und das liegt nicht (nur) an unserem guten Essen...

Und draußen wachsen unsere Kulturen, werden prall und rund und bunt. Es ist Hochsaison, die Ernte ist jetzt so gut und vielfältig wie sonst nie im Jahr: Salat, Tomaten, Zucchini, Stangensellerie, Möhren, Kräuter, Paprika, Zwiebeln, Bete, Kohl, Mangold, Blumen - alles blüht, und fruchtet, und macht Samen. Besonders freuen sich unsere geflügelten Kollegen, Hummeln, Schmetterlinge, Bienen und Fliegen, es summt und brummt und verwirbelt die sonst stehende Luft.

Dieses Wetter ist ziemlich schwierig im Gemüsebau, denn zum Wachsen braucht die Pflanze ja Wasser, und Nährstoffe, die in Wasser gelöst sind. Aber: es ist perfekt für den Samenbau. Samen sollten möglichst trocken ins Lager gehen, damit es weder zu Keimung noch zu Schimmelbildung kommt, und die Keimkraft nicht leidet. So schwirre ich dann mit schweren Beinen aber ganz in meinem Element aus um Samen zu pflücken, zu schütteln und zu klauben. Ich bin froh, dass ich schon etwas Erfahrung in meinem letzten Lehrjahr bei "Keimzelle" sammeln konnte, so sind mir die Samenstände mancher Pflanzen keine ganz so großen Rätsel. Bei dem Wetter entwickeln sich auch die Gerüche der duftenden Pflanzen, Blumen und Kräuter besonders schön, und das genieße ich, wenn ich Kräuter zum trocknen ernte - allem für Tees - und am Heuboden aufhänge.

Ist es nicht ganz so heiß - also vornehmlich am Morgen - können Jochen und ich mit Onyx auf den Acker. Mir sind die Geräte inzwischen zu schwer, darum versuche ich jetzt auch mehr an die Leinen zu gehen. Also, das Pferd zu lenken und zu führen, während jemand anderes das Gerät hinter dem
Pferd her lenkt. Da bin ich noch ganz Lehrling und vorsichtig. Jochen hat zwar mehr Erfahrung, aber die Arbeit mit Onyx bedeutet, dass sich drei Individuen aufeinander einstellen, sich kennen lernen, und eine Sprache entwickeln müssen, die jeder versteht. Das ist total spannend und aufregend. Onyx ist total gelassen und erschrickt nicht leicht, ziemlich lieb und genießt Möhren und Krauleinheiten. Andererseits kann sie sich auch so in der Gräschen-Knabberei verlieren, dass sie ihre Umwelt schlicht ...ignoriert. Blöd, wenn das im Beet passiert. Aber Grenzen zu setzen, ist auch eine Aufgabe des Ranghöheren, also des Menschen. Wir üben...

Jochen und Micha sind im Moment unsere Ackermeister und zur Zeit besonders Wassermeister. Etwa alle 2 Stunden, egal was man gerade macht, springt einer der beiden auf mit dem Satz "ich muss mal eben die Bewässerung umlegen!". In unserer Mittwochsbesprechung beispielsweise verstreut sich dann der Rest zum Kaffee machen, Brot aus dem Ofen holen oder e-mail beantworten, und nach einigen Minuten sitzen wir wieder beieinander, erzählen uns, was uns bewegt, diskutieren die Herbstbestellung oder wer wann da und wer wann weg ist. Diese Mittwochsgespräche sind ein wichtiger Teil unserer Betriebs- und Gemeinschaftskultur geworden. Sie halten unsere Gemeinschaft gesund und machen uns sensibel dafür, wo die anderen gerade stehen. Denn bei aller Gemeinsamkeit verfolgt doch jeder eigene Aufgaben im gemeinsamen Projekt.

Ich kann, in "guter Hoffnung", meine Beine ein bisschen mehr hochlegen als die anderen. Meine Hauptaufgabe neben Kräutern, Blumen, Samen und Pferdearbeit ist ansonsten die Kommunikation mit unseren Mitgliedern. Neben der Organisation laufen bei mir viel Lob und Bestätigung ein. Auch die Lokalpresse hat uns mal wieder besucht und es gab einen hübschen Artikel in der MAZ, und die Macher der Website "Brandenburg im Wandel" haben mit Micha und Jochen einen kleinen Film gemacht. Das alles bestärkt uns und macht viel Freude.
Außerdem haben wir nun, in Urlaubs- und Semesterferienzeiten, auch viel Hilfe von Freunden und Mitgliedern, so dass es auf unserem Acker wirklich nicht schlecht aussieht. Die Lagerkulturen für den Winter machen uns große Hoffnungen. Es werden auch schon Feldsalat und Ko gepflanzt. Einen großen Dank an alle Helfer - hier, und vor Ort in Berlin, in der Orga, in den Finanzen...! Ohne euch wären wir nicht da, wo wir sind.
Und da sind wir gern.